Arbeitsmodelle ermöglichenTop- und Jobsharing

Aus der Praxis: Bürgerspital
Solothurn

Gemeinsam hochflexibel

Dr. med. Ramona Cecini

Stv. Chefärztin Viszeralchirurgie, Bürgerspital Solothurn

Dr. med. Annette Ringger

Stv. Chefärztin Viszeralchirurgie, Bürgerspital Solothurn

«Kommunikation ist das A und O»

Wie haben Sie zu einem Team zusammengefunden?

Ramona Cecini (RC): Wir arbeiten seit fast zehn Jahren als Jobshare Team zusammen, kennen uns jedoch noch länger. Schon bei einem früheren Arbeitgeber, noch in der Ausbildung, haben wir unserem Vorgesetzten den Vorschlag eines Jobsharings gemacht. Denn wir haben gemerkt, dass wir uns sehr gut ergänzen, dieselbe Arbeitseinstellung und ein grosses gegenseitiges Vertrauen haben. Eigentlich sind wir aber völlig unterschiedliche Persönlichkeiten.

Annette Ringger (AR): Inzwischen haben wir gelernt, uns - statt auf die eigenen Schwächen - vor allem auf die Stärken der jeweils anderen zu konzentrieren, so dass wir sie gezielt einsetzen und für uns gemeinsam nutzen können. Je nachdem, ob zum Beispiel mehr Fingerspitzengefühl und Diplomatie oder mehr Härte und Durchsetzungskraft gefordert ist, teilen wir uns auf und verteilen unsere Aufgaben. Diese Erkenntnis war wichtig für unsere heutige Leitungsfunktion.

Wie teilen Sie sich heute Ihre Arbeit als leitende Ärztinnen und stellvertretende Chefärztinnen Chirurgie auf?

AR: Wir arbeiten beide in einem 70-Prozent-Pensum. Und zwar alternierend eine Woche Voll- und eine Woche Teilzeit zu 40 %. So ist immer eine von uns präsent. Ich bin für das Personal zuständig, das heisst die Ober- und Assistenzärztinnen und -ärzte, und Frau Cecini für die Klinikadministration, die IT- Belange und das Sekretariat.

Wie wird dieses Modell von Ihrem Arbeitsumfeld wahrgenommen? Das Vorurteil besagt ja, dass sich Verantwortung nicht teilen lässt.

RC: Ja, je höher die Position, desto grösser die Herausforderungen. Für manche der jüngeren Kolleginnen sind wir ein Vorbild, wie wir Berufs- und Familienleben vereinbaren. Von unseren Vorgesetzten, aber auch vom Spital selbst, hatten wir stets die volle Unterstützung. Damit eine Leitungsfunktion im Teilzeitpensum ausgeübt werden kann, braucht es jedoch einen Paradigmenwechsel in den Kliniken, der leider noch nicht überall stattgefunden hat.

Wie organisieren Sie Ihre Zusammenarbeit im Alltag – besonders in einem Spital, wo die Präsenz essenziell ist?

AR: Kommunikation ist das A und O. Man muss sie bewusst pflegen. Denn es ist bei unserem vollen Arbeitsalltag schnell passiert, dass man aneinander vorbeiarbeitet. Hilfreich ist auch, dass man im Spitalbetrieb das Meiste schriftlich dokumentiert. Dies erleichtert die Übergaben. Ansonsten muss man halt auch mal abends um zehn kurz miteinander telefonieren.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiches Topsharing?

AR: Ich stelle es mir sehr schwierig vor, mit jemand in einem Job – beziehungsweise im Topsharing zusammenzuarbeiten, mit dem man berufliche oder menschliche Differenzen hat. Immerhin muss man als Einheit auftreten und sich voll und ganz auf den anderen verlassen können. Deshalb ist es wohl ideal, wenn man, wie wir, auf niedrigerer Hierarchiestufe die Zusammenarbeit initiiert und dasjenige Arbeitsmodell erarbeiten kann, welches sich bewährt.

RC: Wir haben beide je drei Kinder. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für uns beide ist unser Umfeld und insbesondere unsere Partner, die ebenfalls Teilzeit arbeiten und uns tatkräftig unterstützen. Ohne dieses Umfeld und die entsprechende Akzeptanz könnten wir nie so flexibel sein.



April 2017